Projekt
Stolpersteine Wolfenbüttel

der Klasse 9 d
(M. Hemminger)

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Namen und Spuren

Familie Berger, Großer Zimmerhof 21
Familie Cohn, Halchtersche Straß 8
Familie Cohn, Bahnhofstraße 4
Fritz Fischer, Fritz-Fischer-Straße 22 a
Familie Kirchheimer, Schützenstraße 20
Alfred Perkampus, Fritz-Fischer-Straße 9
Familie Pohly, Bahnhofstraße 3
Familie Reis, Lange Herzogstraße 26
Familie Schloss, Lessingstraße

Familie Ilberg

Selma Ilberg geb. Grundmann
Ludwig Ilberg
Minna Ilberg, geb. Kugelmann

Erfolgreiche Geschäftsleute
ausgegrenzt, ausgeraubt, Flucht - Ende in Theresienstadt

Lange Herzogstraße 49 

Die Geschichte der Familie Ilberg beginnt in der Breiten Herzogstraße. Dort eröffneten sie 1895 ein Bekleidungsgeschäft. Vater Max Ilberg mit Ehefrau Minna, dazu Werner, Hilde, Walter und Heinz. Drei Jahre später bezogen die Ilbergs größere Geschäftsräume, Ecke Kreuzstraße/Breite Herzogstraße. 1911 wechselte die Familie Ilberg in das Haus, vor dem wir heute stehen: die Lange Herzogstraße 49.  

Das Geschäft befand sich in der Hauptgeschäftsstraße Wolfenbüttels. In der Wohnung über dem Geschäft wohnten sie.

Minna Ilberg organisierte das Familienunternehmen maßgeblich mit. Das Geschäft ging gut. Dann traf die Weltwirtschaftskrise 1932  auch die Ilberg hart. Das Geschäft brach ein, die Schulden bei der Bank wuchsen. Die Familie rückte zusammen. Im Haus in der Langen Herzogstraße wohnten Minna und die aus Heiligenstadt zugezogenen Verwandten Ludwig und Selma Ilberg nun gemeinsam.  Neben den wirtschaftlichen Sorgen bekamen die Ilbergs auch die politischen Veränderungen zu spüren.

Als sie im April 1933 einen Teil ihres Ladens vermieten wollten,  empörten sich in einer Veranstaltung 600 Wolfenbütteler Geschäftsleute über dieses Vorhaben. Sie wollten kein weiteres jüdisches Geschäft in Wolfenbüttel dulden und drohten mit gewalttätigen Maßnahmen. Und das sagten sie auch klar und deutlich.

Minna Ilberg überlegte, nach Palästina zu flüchten, wo bereits ihre Kinder Hilde und Heinz waren. Der damals 69-Jährigen fiel der Gedanke, Heimat, Freunde und Verwandte zu verlassen, sehr schwer. Schließlich flüchtete Minna Ilberg im November 1938 nach Tel Aviv, Palästina - und überlebte.

Selma und Ludwig Ilberg verließen Wolfenbüttel an dem Tag, an dem Minna Ilberg nach Palästina flüchtete. Sie kehrten allerdings zurück und mussten ab November 1942 in dem „Judenhaus“ Lange Straße 10 unterkommen. Sie hatten ein Zimmer, eine Küche mit Kochgelegenheit zur Verfügung. Ihr Vermögen wurde im Zuge der Endlösung vom deutschen Staat geraubt. Wohnungseinrichtung, Sparbücher, Wertpapiere wurden eingezogen. Gesamtwert: 3093,85 RM.

Dazu entdeckten die Nazis noch einen Grundstücksanteil, der ebenfalls eingezogen wurde. Genauestens notiert und registriert bis zum letzten Pfennig! Und das war noch nicht alles! Selbst die in der letzten Wohnung zurückgelassenen Möbel wurden einkassiert und anschließend versteigert. Es gab nicht wenige Deutsche, die so zu günstigen Möbeln und Wertsachen kamen, die den Juden zuvor weggenommen worden waren. Und die Behörden gingen gründlich vor. Selbst kurz vor der Deportation von Selma und Ludwig Ilberg wurde ihnen von der Gestapo das verbliebene Kleingeld in Höhe von 20,81 RM weggenommen.

Die Lebenswege einiger Mitglieder der Familie Ilberg enden mit Deportation und Vernichtungslager. Ludwig Ilberg und seine Frau kamen im KZ-Theresienstadt um. Ludwig Ilbergs Leiche wurde am 22. Februar 1944 eingeäschert. Er war 79 Jahre alt geworden. Seine Frau Selma starb kurz danach. Sie wurde 70 Jahre alt. Minna Ilberg starb im März1961 in Jerusalem.