Projekt
Stolpersteine Wolfenbüttel

der Klasse 9 d
(M. Hemminger)

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Namen und Spuren

Familie Cohn, Bahnhofstraße 4
Familie Cohn, Halchtersche Straß 8
Fritz Fischer, Fritz-Fischer-Straße 22 a
Familie Ilberg, Lange Herzogstraße 49
Familie Kirchheimer, Schützenstraße 20
Alfred Perkampus, Fritz-Fischer-Straße 9
Familie Pohly, Bahnhofstraße 3
Familie Reis, Lange Herzogstraße 26
Familie Schloss, Lessingstraße

Familie Berger

Jacob Berger, Rosa Berger, Max Berger
Kurt Berger, Leo Berger

Einfache Leute – Ausgrenzung als Kind und Jugendlicher - Flucht

Großer Zimmerhof 21

Hier lebte die Familie Rosa und Jacob Berger. Sie hatten drei Söhne: Leopold, Max und Kurt. Sie wohnten in einer kleinen Mietswohnung im ersten Stock des Hinterhauses im Großen Zimmerhof 21.

Rosa Berger kümmerte sich um die Kinder. Jakob Berger war Lumpen- und Produktenhändler. Mit einem Handwagen zog er durch Wolfenbüttel und sammelte Papier, Metall und alte Kleidung. Er besaß in Wolfenbüttel einen kleinen Laden. Die Bergers gehörten zum ärmeren Teil der Wolfenbütteler Gesellschaft.

Familie Berger galt als staatenlos. Sie kamen 1880 aus Galizien nach Wolfenbüttel. Obwohl sie dort mehr als zehn Jahre lebten, ohne sich etwas zuschulden kommen zu lassen, durften sie keine deutschen Staatsbürger werden. Der Antrag wurde von dem Wolfenbütteler Amt abgelehnt. Das galt auch für die in Wolfenbüttel geborenen Söhne. Obwohl in Deutschland geboren, waren sie rechtlich den Deutschen benachteiligt.

Auch die Bergers bekamen Hitlers Machtübernahme rasch zu spüren. Jakob Berger musste sein Geschäft 1933 schließen, betrieb jedoch seine Lumpen- und Eisensammlung weiter.

Die Kinder der Familie Berger bekamen Ausgrenzung und Verachtung ebenfalls zu spüren. Kurt Berger bekam als Heranwachsender die volle Wucht der beginnenden Diskriminierung und Ausgrenzung gegenüber den Juden zu spüren. Im Sportverein durfte er nicht mehr Mitglied sein, in der Schule wurde er von bestimmten Aktivitäten ausgeschlossen, Eltern verboten den Kontakt mit ihm, die Bewerbung bei einer Wolfenbütteler Maschinenfabrik wird abgewiesen. Begründung: Er sei Jude.

Die Verfolgung durch die Nazis erreichte mit der Reichspogromnacht 1938 auch die Familie Berger. In der Nacht zum 10. November 1938 stürmten SS-Männer um 06:00 Uhr die Wohnung der Bergers im Großen Zimmerhof. Kurt war damals 14 Jahre alt und wird Zeuge, wie die SS-Männer die Wohnungseinrichtung zerschlugen und seine Eltern misshandelt wurden. Jacob Berger wurde verhaftet und ins Wolfenbütteler Gefängnis gebracht. Er kam nach einigen Tagen wieder frei. Max und Leopold Berger wurden aus dem Haus getrieben und auf einen Lastwagen verfrachtet. Schließlich wurden sie mit vermutlich 33 weiteren Verhafteten aus Wolfenbüttel in das KZ-Buchenwald gebracht. Erst zu Beginn des Jahres 1939 kamen Jacob und Leopold Berger wieder frei und nach Wolfenbüttel zurück.

Rosa und Kurt Berger hatten Glück und blieben zurück in Wolfenbüttel. Sie standen nicht auf der Liste. Es wurden nur Männer abgeholt, keine Frauen und Kinder!

Rosa Berger schickte ihren Sohn Kurt nach England, das sich bereit erklärt hatte, jüdische Kinder aufzunehmen. Am 5. Januar 1939 verlässt Kurt Wolfenbüttel in Richtung England. Er ist 14 Jahre alt. Seine Eltern wird er nie mehr wiedersehen. Max und Leopold Berger flüchteten ebenfalls nach ihrer Entlassung aus dem KZ nach England.

Jacob und Rosa Berger blieben in Wolfenbüttel. 1941 wohnten sie zusammengepfercht mit anderen Juden in dem „Judenhaus“ Lange Straße 34 und mussten den Judenstern tragen. Geld und Eigentum der Familie Berger mussten an den NS-Staat übertragen werden. Der wiederum bot es Wolfenbütteler Bürger an, die es günstig kaufen konnten.

Die Spuren von Rosa und Jacob Berger in Wolfenbüttel verlieren sich mit Beginn der Deportationen im Zuge der Endlösung im Warschauer Ghetto. So ist wahrscheinlich, dass sie mit den Deportationszügen vom 31. März 1942 bzw. vom 11. April 1942 in die Arbeits- und Vernichtungslager im Osten gebracht und dort umgekommen sind.

Die Brüder Kurt, Leopold und Max überlebten.