Projekt
Stolpersteine Wolfenbüttel
der Klasse 9 d
(M. Hemminger)
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Spurensuche in Brasilien
Wir lernen Luciano Eric Reis kennen
Alles, was wir hatten, war eine E-Mail-Adresse. Als wir uns mit der Familie Reis beschäftigten, fiel uns auf, dass es über das Schicksal eines der Familienmitglieder keine weiteren Spuren gab: Hans-Jürgen Reis, geboren am 10.12.1911, sein Schicksal unbekannt, so steht es bei Jürgen Kumlehn in seinem Buch Jüdische Familien in Wolfenbüttel. Hans-Jürgen Reis war der Bruder von Liselotte Reis, beide flüchteten gemeinsam mit ihrer Mutter Clara vor den Nazis nach Brasilien. Unsere Neugier war geweckt.
Wir bekamen von Jürgen Kumlehn die E-Mail-Adresse von Luciano Eric Reis, dem Sohn von Hans-Jürgen Reis. Sofort legten wir los und versuchten mit ihm in Kontakt zu kommen. Da er in Brasilien lebt, tauschten wir uns über E-Mails aus. Und wir hatten Glück! Luciano Eric Reis zeigte sich von Beginn an sehr interessiert an dem Projekt Stolpersteine. Er gab bereitwillig Auskunft über das Schicksal seiner Familie und stellte Fotos und Dokumente zur Verfügung. Mit diesen Quellen konnte eine weitere Spur eines vor den Nationalsozialisten geflüchteten Wolfenbüttelers wieder zurückverfolgt werden. Diese Quellen und der Kontakt mit Luciano Eric Reis haben dabei mitgeholfen, Luciano Eric Reis' Vater, Hans-Jürgen Reis ,wieder einen Namen und ein Gedenken zu geben.
Ein besonderer Höhepunkt für uns stellte die Anwesenheit von Luciano Eric Reis mit seinem Sohn Raphael während der Verlegung der Stolpersteine dar. Sie waren extra zu diesem Anlass aus Brasilien angereist. Ihre freundliche und herzliche Art wird uns in schöner Erinnerung bleiben.
Und das haben wir herausgefunden:
Clara Reis, geborene Eichenberg, geb. am 28.09.1867 in Adelebsen, ist mit der Tochter Liselotte ebenfalls geflüchtet und hat in Sao Paulo gelebt. Sie ist am 31.08.1954 gestorben und beigesetzt im Jüdischen Friedhof (Butanta) in Sao Paulo. Clara Reis flüchtete im Februar 1937 aus Hamburg nach Santos (Hafenstadt in Brasilien).
Curt Reis, der
Bruder von Hans-Jürgen Reis, starb in Berlin. Er ist auch geflüchtet, obwohl er
als Held aus dem Ersten Weltkrieg in Wolfenbüttel gefeiert wurde. Er ist 1935/36
(?) nach Syrien und Ägypten geflüchtet und hat auch eine Zeit in Brasilien
gewohnt, aber sein Studium als Arzt wurde nicht anerkannt. Er ist wieder nach
Deutschland gegangen 1948/49 (?) und hat eine Praxis bis zu seinem Tod geführt.
Curt Reis war verheiratet mit Frau Dr. Annamarie Tränkner Reis, die heute noch
in Karlsruhe lebt. Curt Reis starb 1972 in Berlin. Über Curt Reis gab es zuerst
kaum Informationen. Mithilfe von Luciano Eric Reis konnten wir einiges
herausbekommen. Besonders dabei ist, dass wir Fotos von Dr. Curt Reis bekommen
haben. Dadurch hat ein weiterer Flüchtling vor dem Nationalsozialismus ein
Gesicht bekommen und wir uns an ihn erinnert!
Hans-Jürgen Reis flüchtete am 12.04.1938 von Berlin aus nach Recife. Dort
heiratete er 1951 Maria Lisieux Gomes. In erster Ehe war er mit Lore Wolf
verheiratet. Beide hatten zwei Kinder, Monica Amaral mit zwei Kindern,
Roger Amaral wohnt in Brasilien und ist Pilot. Er hat zwei
Kinder, Enzo und Eric.
Liselotte Reis heiratete Ernest Boas. Sie lebten bis 1966 in Sao Paulo. Sie haben eine Tochter, Vivian Boas, die heute in den USA lebt. Sie hat zwei Söhne, Rene und Thomas. Von 1966 bis 2004 lebten Liselotte und Ernest in Lausanne in der Schweiz, er starb mit 98 Jahren im Jahr 1998. Liselotte Boas starb 2004 im Alter von 101 Jahren in Lausanne.